Bundesfinanzhof muss entscheiden – Forderungsausfall aus Gesellschafterdarlehen

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Thematik: GmbH-Spezial

Das Finanzgericht in Düsseldorf hatte darüber zu entscheiden, wie sich der Forderungsausfall aus einem Gesellschafterdarlehen einkommensteuerrechtlich auswirkt. Im Kern ging es um die Frage, wann nachträgliche Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen bei Beteiligungen entstehen können.

Verluste aus einer Darlehensforderung im Privatvermögen unterliegen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach dem Einkommensteuergesetz einer nur sehr beschränkten Verlustnutzung. Ein besonderer Fall liegt vor, wenn ein wesentlich beteiligter Anteilseigner ein Darlehen „seiner“ GmbH zur Verfügung stellt. Kann die GmbH das Darlehen nur teilweise oder gar nicht zurückbezahlen, weil sie aufgelöst wird, können die Verluste als nachträgliche Anschaffungskosten für die GmbH-Beteiligung betrachtet werden. Das Finanzgericht Düsseldorf entschied im Januar 2020 über die einkommensteuerrechtliche Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen.

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um den Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, der gemeinsam mit seiner Ehefrau der eigenen Gesellschaft mehrere Darlehen gewährt hatte. Eines der Darlehen gewährten die Kläger der GmbH im Januar 2012. Ein weiteres folgte im Juni 2013 und zwar zu einem Zeitpunkt, als der GmbH die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Hausbank der Gesellschaft keinen Kredit mehr einräumen wollte. Wenige Monate später im November 2013 gewährte das Paar der GmbH ein drittes Darlehen. Trotz dieser Finanzspritzen war die Gesellschaft am Ende nicht zu halten: Sie wurde zum 31. Dezember 2014 aufgelöst.

In ihrer Steuererklärung 2014 behandelten die Kläger die Verluste aus allen drei Darlehen inklusive der nicht gezahlten Zinsen als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung und erklärten den Auflösungsverlust im Sinne des Einkommensteuergesetzes entsprechend.

Das Finanzamt folgte dieser Berechnung nicht. Nach dessen Auffassung war lediglich das dritte Darlehen während der Krise der Gesellschaft gewährt worden, sodass die Finanzverwaltung auch nur für das dritte Darlehen einen entsprechenden Auflösungsverlust in der Steuererklärung akzeptierte. Die beiden früheren Darlehen seien vor der Krise der GmbH gewährt worden und hätten deshalb keine Auswirkung auf den Auflösungsverlust. Nach erfolglosem Einspruch gingen die Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Darlehen vom Januar 2012 und vom Juni 2013 vor Gericht.

 

Nicht zurückgezahltes Krisendarlehen führt zu nachträglichen Anschaffungskosten

Das Finanzgericht in Düsseldorf widersprach in seinem Urteil vom Januar 2020 der Auffassung des Finanzamts. Die Krise der GmbH trat nach Ansicht der Richter deutlich vor November 2013 ein. Bereits im Juni 2013 hätte ein ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft nur noch Eigenkapital, jedoch kein Fremdkapital mehr zugeführt. Demnach handele es sich beim zweiten Darlehen vom Juni 2013 um ein eigenkapitalersetzendes Krisendarlehen. Bei der Berechnung des Auflösungsverlusts im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei der im Juni 2013 gewährte und nicht zurückgezahlte Darlehensanteil daher als nachträgliche Anschaffungskosten anzusetzen. Folglich sei auch der Auflösungsverlust des Klägers unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens entsprechend zu erhöhen.

Dass sich die GmbH auch schon bei Gewährung des ersten Darlehens im Januar 2012 in einer wirtschaftlichen Krise befunden hat, kann nach Auffassung der Richter hingegen nicht angenommen werden. Zwar seien die Umsätze der Gesellschaft im Jahr 2012 bereits deutlich rückläufig gewesen. Ein Großauftrag in diesem Jahr habe allerdings dazu geführt, dass der Umsatzrückgang deutlich kleiner ausfiel als im folgenden Jahr. Die GmbH ist nach Auffassung des Gerichts erst im Laufe des Jahres 2012 in eine Krise geraten, als auch die Hausbank nicht mehr bereit war, ihr weitere Darlehen zu gewähren. Damit habe der Gesellschafter das erste Darlehen vor der Krise der GmbH gewährt.

 

Forderungsausfall des früheren Darlehens bei Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigen

Als hinreichend informierter Geschäftsführer habe der Kläger das erste Darlehen allerdings nicht zurückgefordert. Dadurch sei der Wert dieses Darlehens auf null Euro gesunken. Bei solch stehen gelassenen Darlehen scheidet die Ansetzung als nachträgliche Anschaffungskosten und damit die Anrechnung eines höheren Auflösungsverlustes aus, seitdem der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG) das Eigenkapitalersatzrecht gestrichen hat.

Das Gericht führte aus, dass seit Einführung der Abgeltungssteuer der endgültige Verlust aus einer Kapitalforderung jedoch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sei, sofern das Darlehen in der Absicht gewährt worden sei, dadurch positive Einkünfte zu erzielen. Das gelte im konkreten Fall für das erste Darlehen. Die nötige Einkunftserzielungsabsicht werde widerlegbar vermutet.

Dem steht auch die im Einkommensteuergesetz verankerte Subsidiaritätsklausel nicht entgegen, die die Vorrangigkeit der Einkunftsarten regelt. Sie kann im Streitfall keine Sperrwirkung entfalten, da ein mit null Euro bewertetes Darlehen andere Einkünfte weder erhöht noch vermindert und daher auch nicht zu anderen Einkunftsarten gehören kann.

Nach diesen Grundsätzen hat der Ausfall des im Januar 2012 gewährten Darlehens, soweit die GmbH es nicht zurückgezahlt hat, nicht aber der Ausfall der später gewährten Darlehen zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust der Kläger bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geführt. Die Vermutung, dass sie die drei Darlehen in der Absicht gewährt haben, dadurch steuerlich relevante Einkünfte zu erzielen, ist bezüglich der zuletzt gewährten Darlehen vom Juni und vom November 2013 nach Auffassung des Gerichts widerlegt. Diese Darlehen seien in der Krise gegeben worden und damit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen.

Was den Fall allgemein interessant macht: Im Zusammenhang mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts besteht eine Vertrauensschutzregelung. Die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen sind weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine solche bis zum 16. April 2019 geleistet hat oder sie bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Die möglicherweise günstigere Regelung des Einkommensteuergesetzes darf jedoch auch in einem wie hier vorliegenden Fall nicht faktisch ausgeschlossen sein, wenn infolge der Subsidiaritätsklausel eine Verlustnutzung eigentlich ausgenommen ist.

Das Finanzgericht hat die Revision gegen das Urteil zugelassen, da der Bundesfinanzhof bisher nicht entschieden hat, ob sich in solchen Konstellationen ein Steuerpflichtiger – gegebenenfalls auch nur teilweise – dafür entscheiden kann, die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiterhin anzuwenden, wenn die Regelungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Übrigen zu einem günstigeren Ergebnis führen. Die Revision wurde eingelegt und ist beim Bundesfinanzhof anhängig.

 

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